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Das allererste Mal
Das allererste Mal öffnete OU seine Pforten am 11.September 2014 für Freunde_innen, Familie und Unterstützer_innen. Es gab The Duke Gin, Bier und Schnittchen und eine angetrunkene Ansprache von mir – Milena . Ein ganz passables kleines Fest, das in purer, feierlicher Erschöpfung endete. Wir hatten die Nächte vorher durchgearbeitet und Schlaf und freie Wochenenden kannten wir nur noch aus Erzählungen.
Die allerersten Kunden durften am 13. September rein. Vor der Tür wartete bereits ein Fernsehteam von RTL und wir waren immernoch nicht fertig. Die Kassen funktionierten nicht. Unsere Hochleistungsmegafancy-Kassen wollten einfach nicht. Wir eröffneten trotzdem die Türen und begrüssten unsere ersten Kundinnen. Und dann kam die Rettung. Ein Freund meinte: „Ihr könnt doch nicht jetzt schon aufgeben. Ihr habt doch gerade erst angefangen.“ Er hatte Recht. Statt zu sagen, das wird heute ein „kieken, aber nix anfassen“-Geschäft, öffnete ich eine Excel Tabelle und wir legten los. Einer wog die Produkte auf einer Waage, eine rannte los um die Preise rauszufinden und ich tippte alles fröhlich in meine kleine Tabelle und berechnete den fälligen Betrag. Eine vierte Person kassierte. So schafft man Vollbeschäftigung.
Die Hoffnung, dass wir am ersten Tag ausverkauft seien, hat sich nicht erfüllt. Aber ich werde nie unsere erste Kundin vergessen und das Gefühl beim Feierabendbier, im Kreise der Liebsten, äh des Teams, wenn man es einfach nicht fassen kann, das man es geschafft hat. Und das war erst der Anfang.
Das allererste Mal die Umsatzzahlen sehen und das die Finanzplanung gar kein Wolkenkuckusheim war, sondern ziemlich realitätsnah. Erleichterung.
Das erste Mal sich als Person aufspalten wollen, weil man ein Team im Büro hat, was man zu führen hat, aber gleichzeitig noch ein weiteres Team im Laden. Dann die Erkenntnis, dass ein_e Filialleiter_in her muss. Einer der Erfahrung mitbringt. Und wir fanden ihn. Er stellte den Laden auf den Kopf – und es lief tatsächlich besser.
Die erste Erkenntnis, dass es zu früh ist für Franchising des Pilotladens. Wir lernen ja selber noch. Wie soll man da die Tausenden Anfragen aus Deutschland und Ausland nachkommen. Das zweite Mal feststellen, dass der Tag nicht genug Stunden hat.
Das allererste Mal Mitarbeiter_innen entlassen, die man als Freunde gern gewonnen hat und es bricht einem das Herz. Kündigungen kann man nicht nicht persönlich nehmen.
Das erste Mal liebgewonne Produkte auslisten. Dafür das erste Mal hören, wie auch die Lieferanten von unseren Bestellungen profitieren und mehr Arbeitsplätze schaffen können.
Das erste und nicht letzte Mal eine Crowdfunding-Kampagne für einen unverpackten Laden sehen, die 1:1 unsere kopiert. Der Gedanke „wenn die zwei Mädels aus Berlin das schaffen, dann kann ich das auch“ verbreitet sich. Das eigene Ego überwinden und sich freuen, dass die unverpackte Bewegung endlich am Rollen ist.
Das erste Mal einen TedxTalk halten über OU. Zwar nur einer von vielen Vorträgen, die ich halten durfte, aber definitiv der Bedeutendste.
Das erste Mal einen „Unverpackt Verkaufen“-Workshop halten, wo nur Teilnehmer_innen sitzen, die auch einen Laden eröffnen wollen. Zwei Tage dauert der Workshop und eigentlich könnte ich noch viel länger erzählen.
Das erste Mal eine größere Feier planen. Nicht meine Stärke. Ich frage alle Beteiligten zu kurzfristig an und will auf Teufel komm‘ raus eine Burlesqueshow. Ich glaube nicht, dass mich jemand unverpackt sehen will und frage daher La Rubinia an. Sie sagt zu.
Das allererste Mal Geburtstag feiern. Aber diese Geschichte muss noch geschrieben werden.