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Da gibt‘s so Tage, da stürzt der Rechner ab und geht nicht mehr an, der Kaffee ist alle und ein von den Kund*innen gewünschtes Produkt ist seit Wochen nicht lieferbar. Der Paketbote fährt einfach weiter, anstatt zu klingeln und der freilaufende Hund pinkelt mein Fahrrad an. An diesen Tagen, ob im Büro oder auch im Laden stehend, frage ich mich, warum mache ich das ganze.

Mein meistens gesunder Menschenverstand sagt, dass unverpackt Einkaufen besser ist. Besser sein muss. Aber ich weiß auch, dass eine dünne Plastiktüte, wie man sie im Obst und Gemüse Bereich findet, einen niedrigeren CO2 Abdruck hat als eine Papiertüte.

Wir wollten der Nachhaltigkeit von unverpacktem Einkaufen schon lange auf den Grund gehen und haben deswegen von Christina Scharpenberg, einer Doktorandin der Universität Göttingen, eine richtige Ökobilanz erstellen lassen.
Die Produkte, die ganz klar ökologischer sind, wie die Kaffeebohnen, bei denen wir eine komplette Zero Waste Lieferkette haben oder auch regionales Gemüse, haben wir dabei außen vor gelassen. Wir haben die Produkte betrachtet, die etwas komplexer sind und vielleicht auch weiter herkommen und die bei uns auch mit am besten sich verkaufen.

Das Ergebnis könnt ihr euch hier in der Infografik anschauen oder im Detail in dem Artikel der Forscherin Christina weiter unten nachlesen.

Wenn man sich diese Zahlen zu Gemüte führt, wenn man versteht was für einen Effekt das hat – ganz praktisch – auf den Klimawandel, auf das Schonen von Ressourcen, auf die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen wollen, dann ist mir das Motivation genug täglich aus dem Bett zu kommen und einen verpackungsfreien Laden zu leiten. Ich weiß wir können nicht mit einem Laden die Welt retten, aber wir haben gesehen, dass ein Laden nur der Anfang ist und das viele andere bereits folgten und noch folgen werden.

Ich danke ganz herzlich Christina, die jedes noch so kleine Fusselchen Plastikverpackung mitnahm und es wog und in ihre Studie einbaute. Diese Ökobilanz – die erste dieser Art in Deutschland-  erschien als ihre Masterarbeit auf mehr als 100 Seiten. Christina hat ihre wichtigsten Erkenntnisse für uns hier aufbereitet und zusammengefasst. Scrollt weiter runter und taucht ein in die Welt der Ökobilanzen und der Auswirkung von unverpacktem Einkaufen.

 

„Original Unverpackt“ packt aus!

Verpackungsfreies Einkaufen für den Umweltschutz – lautet das Motto des Berliner Lebensmittelgeschäftes „Original Unverpackt“ (OU) im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Ein Jahr nach der Eröffnung des Geschäftes wird die Umweltbilanz gezogen.

Allein in Deutschland fielen im Jahr 2014 über 16 Mio. t Verpackungsmüll an. OU setzt sich mit seinem Konzept  des verpackungsfreien Einkaufens als eines der ersten Lebensmittelgeschäfte für eine Reduktion des Verpackungsmülls, der durch den Konsum von Lebensmitteln hervorgerufen wird, ein. Produkte werden im Großgebinde eingekauft und dem Kunden zum Selbstabfüllen über ein Spendersystem angeboten. Ein gänzlicher Verzicht auf Einweg-Transportverpackungen ist unter aktuellen Marktbedingungen nicht möglich. Im Unterschied zu konventionell betriebenen Lebensmittelgeschäften fällt Reinigungsaufwand durch die Nutzung von Mehrwegbehältern an. OUs Geschäftsstrategie zeichnet sich zudem durch den favorisierten Bezug regionaler Produkte kleinerer Lieferanten aus.

Eine ökobilanzielle Abschätzung potenzieller Umweltfolgen schließt die gesamte Wertschöpfungskette „von der Wiege bis zur Bahre“ ein. Alle Schritte von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung und Nutzung eines Produktes bis hin zu dessen Entsorgung werden einbezogen. Die Emissionen aller beteiligten Prozessabschnitte werden diversen Wirkungskategorien, z.B. dem Klimawandel, zugeordnet. Anschließend werden die Emissionen je Wirkungskategorie auf eine identische Einheit (den Indikatorwert), z.B. CO2Äquivalente, verdichtet. Die Indikatoren dienen schlussendlich der Ableitung des Umweltschädigungspotenzials eines Produktes innerhalb der jeweiligen Wirkungskategorie.

Eine ökobilanzielle Abschätzung potenzieller Umweltfolgen schließt die gesamte Wertschöpfungskette „von der Wiege bis zur Bahre“ ein. Alle Schritte von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung und Nutzung eines Produktes bis hin zu dessen Entsorgung werden einbezogen. Die Emissionen aller beteiligten Prozessabschnitte werden diversen Wirkungskategorien, z.B. dem Klimawandel, zugeordnet. Anschließend werden die Emissionen je Wirkungskategorie auf eine identische Einheit (den Indikatorwert), z.B. CO2Äquivalente, verdichtet. Die Indikatoren dienen schlussendlich der Ableitung des Umweltschädigungspotenzials eines Produktes innerhalb der jeweiligen Wirkungskategorie.

Die Ökobilanz wurde im Rahmen einer Masterarbeit an der Georg-August-Universität durchgeführt. Sechs Verpackungssysteme von OU wurden mithilfe der Ökobilanzierungssoftware „Umberto NXT Universal“ und der Datenbank „Ecoinvent 3.2“ genauer unter die Lupe genommen. Hierbei wurden die vereinfachten Wertschöpfungsketten der Verpackungssysteme von OU mit der Wertschöpfungskette jeweils eines vergleichbaren Produktes in einer Einwegverpackung verglichen.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Fünf der sechs getesteten Verpackungsstrategien von OU können überzeugen. Die Trockenprodukte Nudeln und Chia-Samen können die Umweltlasten auf den Klimawandel unter aktuellen Marktbedingungen um 18 % bzw. 40 % reduzieren. Auch das Handspülmittel von OU schneidet, aufgrund der Möglichkeit es direkt aus der Einkaufsverpackung anzubieten, besonders vorteilhaft ab. Eine Verminderung des Klimaschädigungspotenzials um 27 % ist möglich.

Es konnten jedoch auch Optimierungspotenziale der aktuellen Strategie von OU aufgedeckt werden. Produkte wie das Duschgel, die regional von kleineren Herstellern bezogen werden, ermöglichen eine Zero Waste-Kette hinsichtlich des Verpackungsaufwands. Zero Waste bedeutet, dass keine Verpackungsabfälle entlang der Wertschöpfungskette anfallen. Die Integration der Auslieferung des Duschgels in eine Route mit anderen Produkten kleinerer Lieferanten von OU kann die mögliche Reduzierung der Umweltbelastung von 34 % (Klimawandel) weiter verbessern. Anders als bei den Trockenprodukten Chia-Samen und Nudeln ist die Reinigung der Behälter für die Fruchtbären aufwändig. Dies führt zu einem verhältnismäßig höheren Effekt auf den Klimawandel. Durch einen direkten Verkauf der Fruchtbären aus dem (Einkaufs-)Großgebinde ohne Umfüllung in einen Spender würde die aufwendige Reinigung der Spender entfallen und das Ökobilanzergebnis verbessern. Tofu wird aufgrund erhöhter Hygienevorschriften des Gesundheitsamtes in einem Mehrweg-Pfandglas verkauft. Trotz Mehrweg-System schneidet das Pfandglas allerdings deutlich schlechter ab als die Vergleichsverpackung.  Vor allem die relativ aufwendige Glasproduktion beeinflusst das Bilanzergebnis stark negativ.

Ziel von OU ist es diese Optimierungspotenziale mittelfristig umzusetzen und damit den potenziellen Beitrag zum Umweltschutz durch verpackungsfreies Einkaufen weiter zu erhöhen: „Wir haben aus den Ergebnissen der Ökobilanz gelernt und werden die Empfehlungen umsetzen. Die Tofu-Verpackung haben wir bereits ausgetauscht“ (Milena Glimbovski, Original Unverpackt GmbH).

Die Infografik wurde erstellt von Desiree Themsfeldt. Hier könnt ihr sie runterladen.

Ökobilanz

Angaben zur Autorin:

Christina Scharpenberg hat an der Georg-August-Universität Göttingen den Bachelor in Betriebswirtschaftslehre sowie den Master in Unternehmensführung absolviert. Aufgrund ihres Interesses am betrieblichen Umweltschutz entschloss sie sich im Rahmen ihrer Abschlussarbeit eine Ökobilanz anzufertigen. Seit April 2016 arbeitet sie am Lehrstuhl für Produktion und Logistik der Georg-August-Universität als wissenschaftliche Mitarbeiterin.